Sonntag, 9. November 2008

Ein andere Reise durch das Land....

Was habe ich von diesem Land eigentlich schon gesehen?

Eine Frage, die ich mir in letzter Zeit häufiger stelle. - Meine Antwort: auf den ersten Blick erschreckend. Schaut man in den dicken, 300 Seiten umfassende Reiseführer, habe ich gefühlte 3% des "Solls" erreicht.

Hänge ich mit der Zeit zurück? Habe ich noch viel Zeit?

Ein häufig angewendeter Satz, wenn Touristen von ihrer Reise erzählen, ist immer: "Ah da haben sie in ihrer Woche hier schon mehr gesehen als ich in meinen drei Monaten..." Viel Wahres steckt dahinter:
Betrachtet man die reinen Fakten, d.h. besuchte Pilgerstätten, Museen, Ausgrabungsstätten, hänge wir hier alle weit zurück. Entscheide ich mich aus dieser Sicht bei der Beantwortung der ersten Frage auf eine schnelle Aufzählung, würden wohl meine Finger reichen um die passende Zahl zu finden...

Touristen schaffen das Land in zwei Wochen und ich habe in meinen drei Monaten nur zwei Hände voll?

Da läuft was schief, sollte man meinen. Aber: Eins wurde mir klar... Ich bin kein Tourist. Ich bin für ein Jahr "Mitbürger" in diesem Land. Ich werde vieles auf eine andere Art und Weise kennen lernen, werde eine größere Bandbreite erforschen, werde wie ein kleines Kind, das sich auf den Weg macht die Welt zu entdecken, in diesem Land groß werden - eben dafür bin ich hier und das ist auch gut so.
Um Dinge genau begreifen zu können, muss man kleine Schritte gehen. Muss die Blickwinkel wechseln. Muss auch mal die verborgenen Schönheiten suchen und auch mal eine Pause machen.
Die verschiedenen Gruppierungen, Fronten, Mentalitäten und alle historischen Stätten kann selbst ich in meinem Jahr nicht erfassen, aber ich kann mir ein eigenes, großes Bild machen und soviel wie möglich von diesem Land lernen.

Zurzeit sind die Theologie Studenten aus der Dormitio Abtei in Jerusalem bei uns zu Gast. Eine riesige Chance für uns, die Blickwinkel zu wechseln. Jeden Tag dürfen drei von uns fünf Freiwilligen mit auf Exkursion gehen. Der Rest muss hier für Ordnung sorgen. Letzten Donnerstag sind Thomas, Mike B. und ich aufgebrochen. Megiddo und der Berg Tabor standen auf dem Programm.
Megiddo, laut dem Johannes Evangelium der Ort der letzten Schlacht zwischen Gut und Böse, fasziniert durch die vielen Grabungsschichten. 20 sind es insgesamt und bei dem ganzen Durcheinander fällt es schwer sich diese Festung bildlich vor Augen zuführen.
Der Berg Tabor. Hier soll die Verklärung des Herrn stattgefunden haben. Ein langer Weg führt an einer Straße entlang hinauf. Unser Bus durfte nicht - wir mussten laufen. Spaß hatten da nur die Taxifahrer. Einer winkte uns bei jeder Begegnung. Sechsmal fuhr er an uns vorbei... Oben angekommen belohnte uns eine tolle Aussicht, wunderbare Gärten, ein Franziskanerkloster, ein theologischer Vortrag über Verklärung und eine "junge" Kirche. Viel Zeit blieb uns für alle diese Schönheiten nicht, aber beim Abstieg wurden wir nochmals belohnt. Meine Fotosammlung ist um einen Sonnenuntergang in diesem Land reicher.
Wahnsinn, immer wieder bin ich davon neu beeindruckt. Das Land entwickelt eine neue, eigene Atmosphäre. Es scheint etwas Ausgewogenes und Friedliches zu haben. Selbst zwei Militär Hubschrauber können daran nichts ändern. Man denkt plötzlich Wow und möchte am liebsten so viele Fotos wie nur eben möglich machen.

In den nächsten Tagen werden wir noch weitere Ausflüge mit den Studenten machen. Es sind andere Blickwinkel als Touristen sie haben - anders als Zivildienstleistende sie haben. Mal sehr spannend, mal für mich ohne Bedeutung, aber immer lassen mich die Erfahrung ein bisschen mehr von diesem Land lernen. Dafür bin ich dankbar. Es ist eben diesmal eine andere Reise durch das Land...

Fotos von den Ausflügen

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hey, Smartie! Du machst Erfahrungen, die nur wenige machen können - und ich gerne gemacht hätte. Da würde ich gerne die drei Wochen Israel-Tour mit meinem Regens im Jahr 2000 mit Dir tauschen; denn von dem, was Du erlebst, zehrst Du ein Leben lang; eine touristische Reise verblasst mit der Zeit ... Und außerdem: Du hast doch noch Zeit, keine Eile!!
Sei lieb gegrüßt aus der ehemaligen Bundeshauptstadt.
Dein kleiner Don Camillo